Manchmal liegt die Chammhaldenhütte etwas schüchtern abseits des gut frequentierten Wanderwegs. Wenn aber die Fahne vor der Hütte flattert, die Sonnenschirme parat stehen und die einladende Tafel «heute offen» vorne an der Weggabelung platziert ist, – kommen vorab die Kühe vorbei, um auszukundschaften, was da läuft. Bald aber schauen auch die ersten Gäste herein und Freude, Genuss und Lachen verbreiten sich. Alle sind herzlich willkommen. Jetzt spielt die Chammhaldenhütte ihren ganzen Charme aus und plötzlich sitzt die halbe Welt am selben Tisch.
Viele Arten von «schön» kennengelernt
Während knapp einer Woche führten Bettina und Marco zusammen mit ihrem Team über die Tage des 1. Augusts die Chammhaldenhütte. Für sie war es der erste Einsatz als Hüttenwarte, machte aber – so viel sei verraten – definitiv «gloschtig» auf weitere Tage in Wirtsstube und Küche dort. Im Rückblick meinen Bettina und Marco: «Man weiss im Voraus, dass es ganz schön streng sein wird. Aber zum Glück ahnt man auch, dass es dennoch eine einzigartige und schöne Erfahrung wird.»
Das Wetter, so sagte es bereits die Vorhersage, war schön durchzogen. Dennoch waren an jedem Tag über die Mittagszeit alle Tische entweder in der Gaststube oder «vorneosse» besetzt. Das überraschte die Hüttenwarte anfänglich, zeigt aber auch schön die gute Lage der Chammhaldenhütte auf. Dass es nicht für jede Velo- und Wandergruppe, für jede Familie, für die angeblich Pressierten, die nur ganz rasch einkehren wollten, für die Sennen und für alle anderen einen eigenen Tisch gab, war ein grosses Glück. So entwickelten sich Gespräche, die über den Tellerrand der Gemüsesuppe mit Wienerli hinaus reichten und passend zum weiten Panorama des Alpstein waren. An jedem Tag ergab sich so aufs Neue eine schöne Atmosphäre. Den guten Boden dazu legte Bettina, die einfach alle herzlichst einlud, sich dazuzusetzen.
Währenddessen ging es hinten in der Küche ganz schön heiss zu und her. Da hat sich die Küchenmannschaft tatsächlich ein bisschen kalt erwischen lassen. Denn sie hatte sich aufs Kochen eingestellt, was wenig überraschend auch zur Haupttätigkeit wurde. Haupttätigkeiten waren aber auch, das Feuer bei Laune zu halten, immer heisses Wasser auf dem Herd bereit zu haben, die «Kühlschrank»-temperatur ständig zu beobachten und das Gleichgewicht zwischen verfügbarer Arbeitsfläche, Beigen abzuwaschendem Geschirr und den «Äxgüsi, chan i do no wädli a diä Schublade, no ganz schnell»-Aufforderungen zu wahren. Nach dem ersten Mittagsservice klappte es aber schon recht gut und alles ging von da schön aneinander vorbei.
1.–August-Brunch
Auf den Nationalfeiertag luden Bettina und Marco zu einem Brunch ein. Was das Wetter anbelangt, war es der widrigste Tag der Woche, der Freude bei Gästen und Gastgeber tat dies aber keinen Abbruch. Rund vierzig Personen genossen das Buffet sicher mehr und die Regenwanderung zu und von der Hütte eher (mehr oder) weniger. Das Team war schon recht früh auf den Beinen, richtete das Buffet her, schnitt Käse und Fleisch auf oder bereite eine grosse Schüssel Birchermüesli zu. Als Spezialität wurden Fotzelschnitten gereicht. Vielleicht das Gegenteil dazu war der Käsefladen. In dieser Spanne zwischen süss und salzig fand sicher jeder Gast seine ganz eigene Spezialität. Am Ende jedenfalls blieb fast nichts mehr übrig, auch fast keine Wünsche der Gäste mehr. Kleinbeigeben musste das Team lediglich bei Aperol Spritz und Latte Macchiato. Als Alternative wurde ein Kafi Luz gereicht.
Ein hervorragendes Team
Damit es überhaupt eine geglückte Woche werden konnte, war ein hervorragendes Team nötig. Bettina und Marco durften sich auf überaus motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen. Wie die Hüttenwarte selbst, waren auch die meisten unter ihnen höchst unerfahren, was sich aber sehr gut ergänzte. Manu, Bea, Gabi, Hansjörg und Dominik lieferten in abwechselnder Besetzung nicht nur helfende Hände, sondern waren vor allem auch mitdenkende Köpfe. Und neben der geschäftigen Stunden, gab es ja auch jene Momente, in denen man sich selbst ruhig und aufatmend zu Tisch setzen konnte. Eindrücklich waren die Abende. Der Alpstein hatte alle Ausflügler und Touristen wieder ins Tal entlassen und die Ruhe sowie das Vieh auf den Alpen übernahmen nochmals die Herrschaft am Fusse des Säntis. Umso schöner, wenn dann noch die Sonne auf ihrer Abendrunde vorbeischaute. – Herzlichsten Dank an die Helferinnen und Helfer! Es machte grosse Freude.
Dank auch an die Lehrmeister
Bettina und Marco danken ebenso herzlich ihren Lehrmeistern. Einige Wochen vor ihrem ersten Einsatz als Hüttenwarte, wurden sie während eines Wochenendes durch Sonja und Hansjörg in das Metier eingewiesen. Jenes Wochenende entpuppte sich als sehr wertvolle Lehrzeit, die mitgegebenen Tipps und Kniffs waren ebenso «lebensnotwendig» wie «lebenserleichternd». Auch wenn Lehrjahre keine Herrenjahre sind, genossen Bettina und Marco das Wochenende sehr. Bei ihrem ersten «Ernsteinsatz» übernahmen sie die Hütte von Marianne und Sam, welche in privater Runde gleich noch einige Tage auf der Chammhaldenhütte blieben. Sehr unkompliziert sprangen auch sie in Stosszeiten ein, verstärkten unser Team und hatten auf jede Frage eine Antwort parat. Auch ihnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Fahne einholen
Dann war eine sehr interessante, strenge und erlebnisreiche Woche zu Ende. Es war aber auch eine Ferienwoche, die Erholung bot, Erkenntnisse zuliess und Auftanken erlaubte. Das ist wohl typisch Chammhaldenhütte. Daher zum Schluss der Schluss: Wieder einmal auf der Chammhaldenhütte die Fahne aufziehen? Kann gut sein.
Bettina und Marco