Sektions-Skitour Mederger Flue (2705 m.ü.M.) / Chörbschhorn (2650 m.ü.M)

20. Januar 2024

Ich bin noch nicht lange SAC-Mitglied. Ein wichtiger Grund, der mich lange davon abgehalten hat, war das Vorurteil, dass SAC-Unternehmungen meistens aberwitzig früh am Morgen beginnen. Als freie Tourengeher haben wir daher die übermotivierten SAC’ler eher mitleidig belächelt, als diese vor dem Mittag bereits auf der Abfahrt waren, wenn wir uns noch mitten im Aufstieg befanden.

Dass wir für die Tour auf die Mederger Flue früh aufbrechen würden, war mir beim Anmelden ja eigentlich schon klar. Trotzdem hielt sich die Begeisterung in Grenzen, als ich den Wecker am Freitagabend auf 5 Uhr stellte.

Entgegen meinen Befürchtungen funktionierte das Aufstehen recht gut. Sicher auch eine Frage des Alters. Ebenfalls dazu beigetragen hat die Wettervorhersage. Unser Tourenleiter Dani Zellweger hat für unsere Tour im Landwassertal einen regelrechten Traumtag ausgewählt und das Schönwetterfenster nach einigen Schlechtwettertagen perfekt getroffen.

Ich glaube ich kann für alle sprechen, die an diesem 20. Januar unterwegs waren: Die Aussicht auf wolkenlosen Himmel und viel Neuschnee bei noch dazu günstigen Lawinenverhältnissen machte es fast unmöglich, nicht mit voller Vorfreude in den Tag zu starten.

Am Bahnhof St. Gallen trafen wir Roger Spiess als Co-Leiter und die weiteren Tour-Teilnehmerinnen und -teilnehmer. Ausser uns war auffällig viel Volk mit Ski unterwegs. Offenbar waren wir nicht die einzigen, die von den idealen Verhältnissen profitieren wollten.

Nach einer unterhaltsamen Zugfahrt kamen wir im eiskalten Davos-Frauenkirch an und fellten an. Bis zur Stafelalp waren die Bedingungen eher eisig und einige steilen Passagen durch den Wald gestalteten sich eher tricky. Dann aber lichtete sich der Wald, die Hänge wurden weiter und bald zog Dani seine Spur durch tiefverschneite, unverspurte Hänge in wunderbarer winterlicher Berglandschaft. Das war ganz grosses Kino und spätestens jetzt musste eingestanden werden, dass Frühaufstehen auch seine Vorteile hat.

Unterhalb der Mederger Flue zeigte sich der Gipfelgrat. Gerade noch waren wir von der Einsamkeit und Unverspurtheit begeistert. Mit zunehmender Steilheit des Geländes, bekam dies auch etwas Bedrohliches. Eine Zweiergruppe, die von der Schatzalp aus dasselbe Gipfelziel hatte, liess sich auffällig gerne hinter uns zurückfallen und unsere Leiter vorspuren. Auch wir übrigen Teilnehmer waren glaube ich froh, dass unsere Leiter eine gute und sichere Spur auf den Gipfel gefunden haben. Von unten sah die Sache doch schwieriger aus, als sie effektiv war.

Trotzdem liessen wir bei der Abfahrt den direkt vom Gipfel führenden Steilhang aus und fuhren die ersten Meter wieder über den Grat ab. Es wartete eine Traumabfahrt über 400 Höhenmeter durch völlig unverspurte Hänge und durch lockeren, stiebenden Pulverschnee. Was will man als Skifahrer mehr? Wir alle waren restlos begeistert.

Als wir für den Gegenaufstieg auf das Chörbschhorn die schattige Senke von Hinter Latschuel. erreichten, wurde auch klar, dass es eine gute Idee unserer Leiter war, für unsere Rast einen Platz an der Sonne zu suchen. Die Kälte setzte uns augenblicklich zu und ich glaube kaum einer von uns hat je so schnell die Felle montiert, um möglichst rasch wieder in Bewegung zu kommen.

Dementsprechend hoch war das Tempo hinauf auf das Chörbschhorn. Lieber Roger, ich hätte Dich beim Spuren gerne abgelöst. Ehrensache. Aber mir fehlte einfach die Power und ich war genug damit beschäftigt, den Anschluss nicht zu verlieren.

Auf dem Chörbschhorn waren wir dann nicht mehr alleine. Wir genossen die schöne Aussicht und machten uns bereit für die schönen Abfahrtshänge über den Erber Berg. Auch diese – bis auf einen kurzen fiesen Gegenanstieg – Genuss pur.

Erst ab rund 1800 Metern wurde der Neuschnee weniger, die Verhältnisse eisiger, steiler, enger, verspurter. Die Fahrt durch die steilen Waldschneisen erforderten eine robuste Skitechnik und Vertrauen in die Kanten. Auch dies tat der guten Stimmung keinen Abbruch. Und Werner hat uns gerade in diesen schwierigen Passagen eindrücklichst bewiesen, dass man auch in den Siebzigern noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Chapeau!

Nach allen Anstrengungen waren wir dann doch froh, dass alle gesund und unfallfrei unten angekommen sind. Dass wir beim Umsteigen in Davos noch Zeit hatten, uns für die Rückfahrt mit Snacks und Getränken einzudecken, rundete den schönen Tag ab. Lieber Dani, lieber Roger, vielen Dank für die super Tour, es war wieder mal die beste meines Lebens!

 

Bericht: Georg Kramer

Bilder: Roger Spiess, Daniel Zellweger, Georg Kramer